Ostergruß zur Corona-Zeit

Das Wesentliche liegt im Dunkeln

Wir, die DEAKAD, wünschen Ihnen, dass Sie zur Osterzeit auch Zeit für sich finden, um auch Ihr Vertrauen zu sich selbst zu stärken. Wir könnten die Subbotschaft zur christlichen Frohen Botschaft aufgreifen, dass auch im Hier und Jetzt die Ressource des Sich-Selbst-Vertrauens für unser weiteres Leben gefunden werden kann. Ein Teil des christlichen Glaubens, dass wir durch die „Auferstehung“ geborgen sind, ist der, dass wir auch durch den Glauben an uns Geborgenheit finden können.

Die christliche Osterzeit enthält zunächst die direkte Aufforderung, sich mit dem Wunder des eigenen Lebens auseinanderzusetzen. Es ist eine Zeit, sich durch ein bewusstes Innehalten zu stärken und zu vergewissern, dass das Leben uns auch beschützen kann. Im christlichen Glauben, wie im vorchristlichen Osterglauben, geht es um die Bergung jener Fruchtbarkeit, die im Leben selbst liegt.

Obwohl dies liturgisch konkret in der Osternacht verankert wurde, müssen wir mit Erstaunen feststellen: Die christliche Botschaft verhüllt sich komplett zur Osternacht. Biblische Berichte aus der Osternacht fehlen vollständig. Wir haben keinerlei Kenntnisse darüber, was zwischen dem Samstagabend und dem Sonntagmorgen geschehen ist.

Obwohl die Feier der Osternacht die wichtigste Feier im christlichen Kirchenjahr ist, bleibt diese Nacht selbst im Dunkeln. Die Frohe Botschaft, dass Jesus auferstanden sei, was der Kern des christlichen Glaubens ist, bleibt in einer kollektiven Erinnerungsleerstelle verdunkelt.

Warum ist dies verhüllt?
Warum?
Warum verzichteten auch seit Anbeginn alle christlichen Gemeinden darauf, sich hierzu zu äußern?

Psychologisch verfügt eine Erinnerungsleerstelle über eine dreifache Funktion:

So erstens:
In einer Erinnerungsleerstelle setzt man das Hinterfragen aus. Man kann nicht zweifeln, man kann nach Arnold Gehlen sich einer Sache übergeben und sich hierdurch von dieser Sache konsumieren lassen.

So zweitens:
Die menschliche Inspirations- wie Erleuchtungssuche benötigt immer eine eingerahmte Erinnerungsleerstelle. Diese bietet Raum, um sich emotional-religiös zu entfalten.
Dies haben offensichtlich die christlichen Botschafter von Anfang an gewusst.

So drittens:
Und dies ist wohl psychologisch das Wichtigste:
Leerstellen haben für die Selbstentwicklung eine grundsätzliche Bedeutung. Sei es, dass diese, dies weiß man aus der Psychoanalyse, den Raum für Symptombildungen schaffen, sei es, dass ein Raum für das Kreative möglich wird.

In der Psychoanalyse bemüht man sich, Erinnerungsleerstellen mit Hilfe der psychoanalytischen Technik aufzulösen. Der/die Analytiker*in studiert daher die jeweilige psychische Oberfläche, nutzt die eigenen Deutungen, will Widerstände erkennen und bewusst machen. Ist dies geschehen und fachgerecht dem/der Analysand*in mitgeteilt worden, kann dieser/diese sich ohne Mühe an die vergessene Situation erinnern und die Symptombildungen loswerden.

Zusammengefasst ergibt sich hieraus eben jene psychologische Frohe Botschaft, die im christlichen Osterfest liegt:

Die Besinnung auf das Wunder des Lebens, dass das Leben uns auch beschützt und nicht immer nur einer Gefahr aussetzt, dass wir uns in der Besinnung auf uns selbst, uns von unseren Ängsten frei machen können, dass wir uns real einlassen dürfen auf uns selbst, sei es meditativ, sei es im offenen Gespräch mit unseren Mitmenschen, sei es, indem wir uns selbst jene Zeit schenken, die für das intuitive Erahnen des Numinosen notwendig ist.

Dies ist zweifellos für uns alle wichtig, besonders, wo für uns coronabedingt alles schwieriger geworden ist.

Nutzen Sie die Leerstelle der Osternacht für eine Sie stärkende Besinnung und lassen Sie sich nicht durch Ihre eigenen Vorurteile, Ängste und erlebten Hilflosigkeiten konsumieren.


In diesem Sinne grüße ich Sie zu Ostern,
Roland Lange